Sechs Jahrhunderte
gemeinschaftliche Unterstützung der Armen
Im Jahre 1414 hat die Brüderschaft nachweisbar ihr erstes Stiftungsfest gefeiert, sie hat aber wohl bereits vorher Bestand gehabt und geht möglicherweise in das vierzehnte oder gar dreizehnte Jahrhundert zurück. Anhaltspunkte hierfür gibt es kaum, da im Großen Stadtbrand 1659 die meisten Urkunden und Schriftstücke ein Opfer der Flammen geworden sind. Die um 1160 ausgestorbenen Grafen von Harsefeld und Stade hatten ihre Burg mit der St. Pankratiuskapelle auf dem Spiegelberg erbaut. Daraus entstand später die St. Pankratius-Kirche und vermutlich ist in diesem Zusammenhang die Gebetsbrüderschaft entstanden.
Mit der Brüderschaft war von Anfang an eine Sterbekasse verbunden, die für die Brüder und ihre Angehörigen eine Beerdigung durchführte, sowie den Überlebenden Sterbegelder zufließen ließ. Aus den damals bereits geführten Todeslisten ist zumindest nachweisbar, dass die dort aufgeführten Bewohner der Stadt Stade Brüder waren und von der Brüderschaft entsprechend beerdigt wurden. Derartige Beerdigungen fanden wohl auch schon vor 1400 statt.
Mitglied durfte nur werden, wer im Einzugsbereich des Kirchensprengels am Spiegelberg wohnte. Erst nachdem sich Anfang des 16. Jahrhunderts die Reformation durchgesetzt hatte, konnten auch Bürger anderer Stadtbezirke und von außerhalb Mitglieder werden. Tätige Nächstenliebe und Armenfürsorge waren ein Anliegen der Brüderschaft. Die Mittel dafür flossen aus Stiftungsvermögen und Sammlungen, hier vor allem aus Sammelbüchsen, die in öffentlichen Gebäuden, Gasthäusern und Privathäusern aufgestellt wurden. Die Empfänger der Spenden erhielten einerseits Geldbeträge, aber andererseits auch Sachspenden wie Schwarz,- Weiß- und Mischbrot, sowie Wurst und Speck. Um die Wurst vom Wiemen, dem Rauchboden und das Brot aus dem Ofen zu holen, benutzte man "Schüffel und Krönke". Sie sind bis zum heutigen Tag Symbole der Brüderschaft.
Ein hölzerner Lorbeerkranz mit der Darstellung des heiligen Pankratius wurde jährlich dem Bruder überreicht, der im kommenden Jahr die Rechnung der Brüderschaft zu führen hatte. Dies war eine Pflicht, der sich kein männlicher Bewohner der Sprengels entziehen konnte. Heute wird dieser Kranz dem Bruder überreicht, der das nächstjährige Stiftungsfest ausrichtet.
Wahrscheinlich hat die Brüderschaft zu allen Zeiten nach einem Statut oder einer Satzung gearbeitet, aber erst am 14. Januar 1853 wurde eine Satzung verabschiedet, die auch heute noch im Staatsarchiv einsehbar ist.
Seit 1901 ist die Brüderschaft im Vereinsregister eingetragen.
Die Brüderschaft besitzt einen Silberschatz mit mehreren Pokalen, silbernen Kerzenleuchtern und Sammelbüchsen. Diese Gegenstände werden im Banktresor aufbewahrt. Zu den Stiftungsfesten werden damit die Festtafeln geschmückt.
Der älteste Pokal, der "Willkomm", stammt aus dem Jahre 1637. Er ist mit 152 Namen von Brüdern aus den Jahren 1693 bis 1900 beschriftet.
Heute werden die Spenden auf dem Stiftungsfest als Pokalspende nach der Rede auf die Landeswohlfahrt gesammelt. Mit den Sammelbüchsen werden sogenannte Strafgelder von den Gästen eingefordert, die im Verlauf des Festmahls mit Papier werfen.
Die so eingenommenen Spendengelder werden von den Brüdern direkt an die Bedürftigen verteilt. Dies sichert eine schnelle, unbürokratische Hilfe und gewährleistet, dass die Gelder ausschließlich an hilfsbedürftige Personen gelangen.
Neben der Hilfe für "verschämte Arme" öffnet sich die Brüderschaft zunehmend der Unterstützung sozialer Einrichtungen, sowie der Förderung von Jugendlichen in den unterschiedlichsten Bereichen.
Für die Mitglieder der Brüderschaft ist diese humanitäre Einstellung unabdingbar für den Fortbestand. Alle Mitglieder handeln ehrenamtlich ohne Vergütung und nach bestem Wissen und Gewissen.